Bodo Gaßmann
Die Entdeckung des freien Willens
als eigenständiges Vermögen
durch Augustin
Mit der Reflexion des Dekalogs und der Rolle der Moralität bei Abaelard
Schriften des Dialektikvereins zu Problemen der Ethik 3
ISBN 978-3-929245-18-9
(164 S.; Paperback; Preis: 12,00 €)
Bezug über:
Dialektikverein /Hertzstr. 39 / D-30827 Garbsen
(oder) E-Mail: buecher@erinnyen.de
Abstrakt
Es gibt keine Freiheit ohne Willen; und Wille ohne Freiheit ist keiner. Zwischen unseren Bedürfnissen, Zwecken, Interessen und dem tatsächlichen Handeln vermittelt der menschliche Wille, das Vermögen zwischen Alternativen zu wählen und Gedanken in die Tat umzusetzen. Dass die Entdeckung des freien Willens im christlichen Neuplatonismus geschah, ist nicht zufällig, sondern war ein Erfordernis im Kampf mit dem Heidentum, ein Kampf der Religionen und Meinungen, der jede plurale Gesellschaft kennzeichnet.
Wer sich an dem christlichen und neuplatonischen Zusammenhang, in dem der freie Wille entdeckt wurde, stört, der möge bedenken, dass „Gott“ ein Bewusstseinsphänomen ist, von Menschen gemacht. In der mythologisch verhüllten Vernunft als Gott findet bei Augustin schon Aufklärung über unser Selbstbewusstsein statt, während in der Gegenwart der bloße Glauben und die szientifisch verkürzte Aufklärung wieder in Mythologie umschlagen.
Der freie Wille ist Voraussetzung der Arbeit, des Marktes, aber auch einer Veränderung der Gesellschaft. Die Leugnung des freien Willens in der empiristischen Hirnforschung hat die Absicht, die Menschen ans Bestehende zu fesseln. Aber auch in der nach-marxschen Arbeiterbewegung, u. a. bei Lenin, ist das schöpferische Moment dieser Bewegung mittels des freien Willens zugunsten einer alles organisierenden Bürokratie unzulänglich vernachlässigt worden.
Es ist deshalb angebracht, die Genesis dieses Vermögens zu untersuchen. Die Entdeckung des freien Willens als eigenständiges Vermögen ist deshalb bei Augustin zu reflektieren.
Dieser Band des Dialektikvereins enthält ebenfalls zwei Theoriestücke, die im Zusammenhang mit dem freien Willen stehen: Die Reflexion der Entstehung der Moral anhand des Dekalogs und Abaelards Präformierung der moralischen Subjektivität der Moderne. Ohne die philosophische Tradition zu durchdenken, ist ein reflektierter Atheismus unmöglich.
Inhalt
Vorwort 6
Zur Einordnung der drei Texte in die Geschichte
der Philosophie 8
A) Die Voraussetzung:
Die Entstehung der Moral am Beispiel des Dekalogs 11
1. Die Sitte in der Gentilgesellschaft 11
2. Die altisraelische Gesellschaft und die Moral der Weisheit 16
3. Die Moral des Dekalogs 22
4. Die Gebote im Einzelnen: 26
Das 1. Gebot / Das 2. Gebot / Das 3. Gebot / Das 4. Gebot
Anmerkung zur Nächstenliebe 31
Das 5. Gebot / Das 6. Gebot / Das 7. Gebot /
Das 8. Gebot / Das 9. Gebot / Das 10. Gebot
5. Die Aporien der Moral des Dekalogs 38
6. Skizze der weiteren Entwicklung des moralischen Bewusstseins 41
Anmerkungen 43
Literatur 45
B) Die Entdeckung des freien Willens als
eigenständiges Vermögen durch Augustin und
seine gegenwärtige Bedeutung 46
1. Einleitung: Die Leugnung des freien Willens als Ideologie 46
2. Die historischen Bedingungen von Augustins Willenslehre 50
Zur Realgeschichte / Die geistigen Bedingungen des Neuplatonismus /
Methodisches
3. Der Neuplatonismus Augustins als Voraussetzung der Begründung 55
Die menschliche Seele / Der „Gottesbeweis“ von Augustin / Der Begriff der
Wahrheit / Moral bei Augustin / Der Manichäismus und Augustins Kritik daran /
4. Das Theodizee-Problem als Anlass für die Bestimmung
des freien Willens 66
5. Der freie Wille als eigenständiges Vermögen, seine Bedeutung und
seine Problematik 68
6. Kritik an der Bestimmung des freien Willens 78
Die Einschränkung des freien Willens durch die Gnade / Die Veränderung in der
Bestimmung des Menschen bei Augustin / Exkurs zur Mythologie von der Erbsünde / Der freie Wille im Spätwerk von Augustin / Eine Anmerkung zur Terminologie bei Augustin (Willkür)
7. Einschätzung der Philosophie von Augustin 93
8. Zur weiteren Geschichte der Bestimmung des freien Willens
Vom Primat der Vernunft zum Primat des Willens 95
9. Was bleibt von der augustinischen Bestimmung des freien Willens?
Die Seele nach Kant 99
Die Seele als Substanz? / Der freie Wille auf dem Stand der heutigen Vernunft
bestimmt/ Die vernünftige Begründung des Guten durch Kant
10. Exkurs zum allgemeinen Zusammenhang von Körper und Geist 108
Ontologisches / Erkenntnistheoretisches / Psychologisches /Individuum,
Körperlichkeit und Wille
11. Die Bedeutung des freien Willens heute 115
Umwelt und Wille / Über die Freiheit der Willkür und den freien Willen
/ Die Säkularisierung der Erbsünde als Schuldzusammenhang und als
unglückliches Bewusstsein / Der freie Wille und politisches Engagement
Anmerkungen 124
Literatur 128
C) Die Präformierung
der moralischen Subjektivität in der Philosophie Abaelards 131
Einleitung 131
1. Historische Voraussetzungen: Die soziale Situation im 12. Jahrhundert 132
2. Glauben und Vernunft, Autorität und Selbstdenken 135
3. Die Entdeckung der menschlichen Subjektivität bei der Erkenntnis:
Nominalismus 138
4. Die Aufwertung der Körperlichkeit 142
5. Der Grundgedanke der Ethik: Die innere Zustimmung 144
6. Der moralische Maßstab von Abaelard, das Gewissen und
die Tugendlehre 147
7. Handlungen und Werke
Einwände von Max Weber gegen die Gesinnungsethik 150
8. Moralität und Legalität 155
9. Moral und Herrschaft 157
Anmerkungen 159
Literatur 161
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